„Alternative rocks“ – Ökologie, Elektromobilität und Lebensmut

segway

Detlev Knoll lebt in einer Umgebung, da kann man eigentlich nur „grün“ denken. Und das auf bayerische Art, praktisch, bodenständig, profitabel. Berchtesgaden, berühmt für die atemberaubend schöne Berglandschaft samt Nationalpark rundum, berüchtigt für seine historischen Gäste, liegt an diesem Tag tief in den Wolken. und es regnet, regnet, regnet. Knolls Laune beeinträchtigt das nicht – schnell, kompakt und unterhaltsam erzählt er aus seinem Leben – rund um Segway, Kochen und seine Rockband.


Knoll stammt aus dem Ruhrpott, das merkt man sofort an der Sprache, und daran, dass die Sätze nur so aus ihm heraussprudeln.

Mit 14 Jahren kam er schon nach Berchtesgaden. Seine Eltern hatten das Familienunternehmen verkauft und wollten noch einmal neu anfangen. Für die Ideen des Sohnes waren sie vielleicht nicht ganz so offen – das Musikstudium wurde ihm verweigert und er lernte Koch, von der Pike auf, so auch im Hotel Vier Jahreszeiten vor Ort. Er brachte es sogar zum bayerischen Meister bei den Jungköchen. Noch heute kocht er gerne, am liebsten Rinderfilet mit einer selbstkreierten Ableitung einer Sauce Bernaise, mit Ratatouillegemüse und Rosmarinkartoffeln. Familiengerecht ist die Arbeit in der Gastronomie selten. So suchte Knoll nach Alternativen. Vor nunmehr 21 Jahren kam er zur Zurich und machte sich bald mit eigener Agentur selbständig. Auch hier wartete harte Arbeit auf ihn. „Es dauert, bis man das drauf hat!“ so der O-Ton. Haftungsfragen, die neuen europäischen Beratungsprotokolle, Finanzen, Steuern, Recht – all das macht den Job anstrengend, aber auch interessant für Knoll. Inzwischen hat er als Ausschließlichkeitsvermittler vier Mitarbeiter. Sein Standing in der Region verdankt er vielen Jahren Klinken putzen, wie er sagt.
2003 lernte er über einen seiner Kunden den Chef von Segway Europe kennen. Segways – das sind diese seltsamen Stehroller, die Büromenschen und Touristen in der Stadt verwenden. Inzwischen gibt es viele Tourenanbieter und Segway-Verleihe, so auch in Berchtesgaden, wo das Bergauf und Bergab einen schon ganz schön ins Schwitzen bringen kann. Seit 2009 sind die „elektronischen Mobilitätshilfen“ in Deutschland zum Verkehr zugelassen, gelten als Leicht-Mofa und müssen daher versichert werden. Knoll fuhr mehrfach nach Köln zur Zurich, um dafür eine Lösung zu finden: eine Maschinenbruch-Kasko-Versicherung. Inzwischen hat Knoll fünf- bis sechstausend Segways im Bestand (Segways finden im Übrigen inzwischen auf der Wiesn in München Verwendung, als Erste-Hilfe-Mobil mit Defibrillator und als Polizeiwägelchen), und drei- bis viertausend Pedelecs – also Elektrofahrräder. Seinen Erfolg erklärt er damit, dass es ihm nicht um Provisionshascherei ginge, dass seine Versicherungsbedingungen sachgemäß seien, Unfall und Diebstahl mit einschlössen und alles über 100 Euro Selbstbehalt abdecken. Der Erfolg bringt jedoch viel Arbeit mit sich. Rund 7.000 Kennzeichen organisieren Knoll und seine Mitarbeiter im Jahr für Segways und Pedelecs. 2011 brachten ihnen die innovativen Versicherungen für Elektroautos und -zweiräder sogar eine Nominierung beim Bayerischen Staatspreis für Elektromobilität ein. Knoll ist definitiv kein „Müsli“, aber er findet, man müsse mehr dafür tun, dass man seinen Kindern die Welt anständig überlässt. Dabei diskutiert er durchaus, ob Elektrofahrzeuge überhaupt umweltfreundlich sind, wenn man an die Stromerzeugung und die Grundstoffe für die Akkus sowie deren Entsorgung denkt. Er war jedoch einer der ersten in Deutschland, der gefragt hat, wie man E-Mobilität versichern kann. Und der sich von der klassischen Strategie Haftpflicht plus Kasko gelöst hat, um die besonderen Eigenschaften und Risiken von E-Mobilen zu berücksichtigen. Und er blieb dabei, auch als die E-Mobilitätsbranche 2011 fast von der Bildfläche verschwand - „herbeiund dann wieder weggeredet“, wie Knoll sagt. Dafür wird er jetzt belohnt.

 

Die E-Mobilitätsbranche ist so klein, dass man alle immer wieder trifft und wenn man sich so intensiv mit Segways beschäftigt, trifft man irgendwann zwangsläufig auf „The Woz“ und „The Woz Challenge Cup“. Seit 2006 gibt es diese Weltmeisterschaft im Segway-Polo, erfunden und gesponsort von Steve Wozniak, dem Namensgeber und legendären Mitbegründer von Apple. Jährlich tragen enthusiastische Teams aus der ganzen Welt ihre Segway-Polo Weltmeisterschaft aus. Detlev Knoll ist mit dabei. Und „The  Woz“ trägt auch mal sein T-Shirt. Nächstes Jahr ist die WM in Köln und hofft auf viele Besucher. Insgesamt gibt es die sensationelle Anzahl von elf deutschen Polo-Teams, die anderen europäischen Mannschaften kommen aus Österreich, Schweden, Dänemark, der Schweiz, Finnland, den Niederlanden und Belgien. In den USA gibt es drei Teams, darunter die „Silicon Valley Aftershocks“, das kleine Barbados hat gleich zwei Mannschaften und eine Mannschaft kommt tatsächlich aus dem Libanon.

 

Segway fahren ist nur die eine Freizeitbeschäftigung von Detlev Knoll. Hobby darf man zu der anderen nicht sagen – vielleicht ist es eher eine Einkehr zu den Wurzeln der eigenen Seele in der Musik. Knoll ist seit 1998 Leadsänger und Frontman der Alternative Rockband „Jaywalk“ (links). 2012 gewann die Band mit ihrem Album „The Chains of Ignorance“ in der Kategorie „Bestes Alternative-Album“ den Deutschen Rock & Pop Preis. Knoll macht das, was er macht, eben richtig. Jetzt gerade ist das neue Album erschienen: „Blue eyes“ – im Andenken an Knolls Tochter, eine Feier von Lebensfreude und -mut, echt „alternative“, echt rockig. Infos und Lieder gibt es unter www.jaywalk.de.